KURZ GESAGT!
_Kitas müssen Notfälle vorausschauend planen, nicht erst im Ernstfall handeln
_Klare Abläufe und regelmäßige Vorbereitung geben Teams Sicherheit
_Davor, Darin, Danach: Gutes Notfallmanagement umfasst Vorbereitung, akutes Handeln und Nachsorge
Große Aufregung! Noah fehlt. Seine Mutter steht aufgelöst im Flur der Kita, sie wollte ihren Sohn abholen, doch nun ist er unauffindbar. Das Elterngespräch mit Familie K. droht zu eskalieren, der Vater wird immer lauter und beleidigt die Erzieherin. Durch einen technischen Defekt gibt es einen Stromausfall, es ist unklar, wie lange er anhalten wird. Aus dem Abstellraum kriecht Rauch unter der Tür hervor.
All dies sind Situationen, deren Eintreffen vielleicht außergewöhnlich, aber nicht ausgeschlossen ist. Besser, man bereitet sich als Team auf Notfälle vor, noch ehe sie passieren, damit man im Fall des Falles weiß, was zu tun ist. „In einer Notfallsituation ist man ohnehin aufgeregt, und es fällt enorm schwer, planvoll und sicher zu handeln. Es regelt sich dann eben nicht ‚einfach so‘“, sagt auch Jessica Rehse von der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen, die zusammen mit Kolleginnen, Kollegen und externen Unterstützern einen Notfallordner für Kitas gestaltet hat. „Wenn ein Kitateam sich im Vorfeld bewusst mit möglichen Risiken und potenziell problematischen Situationen auseinandersetzt und gemeinsam überlegt, wie damit umgegangen werden kann, ist es im Ernstfall deutlich besser vorbereitet.“
Notfallpläne sind essenziell
Zu oft setzen sich die Kitateams mit dem Thema Notfälle jedoch erst auseinander, wenn es einen aktuellen Anlass gibt. Dabei, meint die Expertin, könne man das Thema recht niederschwellig und regelmäßig angehen, ohne gleich großen Aufwand betreiben zu müssen. „Statt das große Thema ‚Notfälle‘ im Block zu bearbeiten, kann man regelmäßig bei jeder oder jeder zweiten Teamsitzung über Sicherheit und Gesundheit sprechen.“ Sie schlägt vor, sich für den Anfang erst einmal ein einziges Thema vorzunehmen, das das Team als besonders problematisch ansieht. Ein konkretes Beispiel: Schwierige Elterngespräche kennen alle, also könnte eine Maßnahme sein, künftig nicht mehr allein in solche Gespräche zu gehen und sicherzustellen, dass der Raum von außen einsehbar ist. „Darüber muss man sich aber verständigen, es einmal festlegen – und schriftlich fixieren.“ Und so rät die Fachfrau dazu, das Thema „Notfälle und Notfallpläne“ systematisch anzugehen, inklusive Gefährdungsbeurteilungen und Unterweisungen. Grundsätzlich zuständig für die Implementierung eines Notfallmanagements sind der Träger einer Einrichtung und die Kitaleitung.
Man muss nicht bei null beginnen
Verschiedene Unfallkassen stellen Kitas zur Unterstützung Notfallordner oder -broschüren zur Verfügung, die einen hilfreichen Überblick über das geeignete Vorgehen in zentralen Notfallsituationen bieten. Darunter fallen etwa medizinische oder soziale Notfälle, Gewaltvorfälle, aber auch solche Notfälle, die durch Feuer, Unwetter oder technische Defekte verursacht wurden. „Es gibt darin viele Tipps und Hinweise – aber jede Einrichtung muss bezogen auf die vorhandenen Gegebenheiten vor Ort eigene Notfallpläne entwickeln“, betont Jessica Rehse die Notwendigkeit, dass sich Kitaleitung und Team intensiv und einrichtungsbezogen mit der Thematik auseinandersetzen. Vorge-fertigte Handlungsanleitungen müssten angepasst und regelmäßig aktualisiert werden.
Davor, darin, danach
„Es geht beim Notfallmanagement um mehr, als sich zu überlegen, wie man sich in einer brenzligen Situation adäquat verhält“, ergänzt Jessica Rehse. Das sei natürlich sehr wichtig, um Handlungssicherheit zu erlangen. „Auch deshalb werden zum Beispiel Feueralarm- und Evakuierungsübungen durchgeführt.“ Ebenso bedeutend sei jedoch, wie man möglichen Schaden von vornherein abwenden könne. Was also ist technisch, baulich, organisatorisch oder personell nötig, um Notfälle zu verhindern? Bei manchen Themen könne und sollte man auch (externe) Fachleute zurate ziehen, etwa den betriebsärztlichen Dienst, die Fachkraft für Arbeitssicherheit, die Polizei und die Feuerwehr. „Aber unterschätzen Sie auch nicht das Wissen eines Hausmeisters!“, sagt die Expertin der Unfallkasse. „Hausmeister können Ihnen direkt sagen, wo der Haupthahn zum Absperren von Wasser und Gas ist und wo sich der Hauptsicherungskasten befindet.“ Selbstverständlich gehört zu einem vollständigen Notfallmanagement auch, wie eine erlebte Notfallsituation im Nachgang aufgearbeitet wird. Diesen Dreiklang aus „Davor, Darin und Danach“ fasst man unter den Fachbegriffen Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention zusammen. Dazu sagt Jessica Rehse: „Ob psychologi-sche Unterstützung für Betroffene, Gespräche, Anpassung des Konzepts an das Erlebte oder auch nur die Unfallanzeige – all das gehört dazu. Nicht zuletzt aus Gründen der Fürsorge.“
Weitere Informationen
Einen Notfallordner bietet beispielsweise die Unfallkasse NRW an, auch die Unfallkasse Berlin hat eine Broschüre im Angebot. Kitas in Thüringen können eine Broschüre beim Bildungsministerium anfordern. Die Bezugsadressen finden Sie unter:
www.kinderkinder.dguv.de/notfallmanagement































